Nackt

von Luigi Pirandello

Stückinfo

Zum ersten Mal hatte Peter Zadek, der lange in Italien gelebt hat, ein Stück des berühmtesten neueren italienischen Dramatikers und Nobelpreisträgers Luigi Pirandello inszeniert. Ein älterer Dichter hat das hübsche Kindermädchen Ersilia Drei nach einem Selbstmordversuch zu sich genommen. Ein Zeitungsbericht, in dem Ersilia über sich erzählte, hatte sein Interesse erweckt. Er hofft, mit der jungen Frau den Roman seines Alters zu erleben. Doch werden die Ruhe und die Phantasie auch dieser Phantasie schnell gestört. Der Journalist, der den Artikel schrieb, taucht in der Wohnung des Schriftstellers auf und will weitere Informationen. Warum wurde Ersilia von ihrem Arbeitgeber, dem italienischen Konsul Grotti in Smyrna, wirklich entlassen? Warum jagte dessen Frau Ersilia aus dem Haus, wenn sie am Tod des ihr anvertrauten Babys unschuldig war? Warum will der Konsul ein Dementi von Ersilias Darstellung, andernfalls die Zeitung verklagen? Warum will es auch die Frau des Konsuls? Auch Ersilias Verlobter, der ehemalige Marineleutnant Laspiga, taucht in der Wohnung des Dichters auf. Warum will er Ersilia plötzlich zurückgewinnen, wo er doch, als er ihre Story in der Zeitung las, am Vortag der Hochzeit mit einer anderen Frau stand? Wir erfahren nach und nach, wie die kleine, Ersilia anvertraute Tochter des Konsuls den Tod fand und warum Ersilia dafür gerade stehen musste. Jeder stellt die Motive und Hintergründe der Geschichte anders dar. Pirandello und seine Figur Ersilia kratzen in diesem Melodram Schicht für Schicht von den Fakten oder der “Wahrheit” ab. Nichts stimmt. Alle Figuren versuchen vergeblich, ihre Blöße, ihre “Nacktheit” mit Illusionen zu bedecken, und Ersilia fungiert als Auslöser einer tiefen Krise der männlichen Figuren, und sie selbst, die sich schließlich auf der Straße verkauft, erkennt, dass sie sich nicht auf ihre Rolle als Opfer berufen kann. Es gibt kein Wertesystem von Liebe und Barmherzigkeit, das sich nicht als Illusion und groteske Vermarktung entpuppte.

Schauspieler und Kreativteam

Mit: Annett Renneberg, Friedrich-Karl Praetorius, Brigitte Janner, Nikolai Kinski, Martin Pawlowsky, Friedhelm Ptok, Carla Riveros Eissmann, Kenneth Spiteri und Benjamin Cabuk

Deutsch von Elisabeth Plessen

Regie: Peter Zadek (†) | Ausstattung: Karl Kneidl | Musik: Mauro Chechi | Choreographie: Malcolm Goddard

Premiere

4. April 2008

Eine Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen

Pressestimmen

“Grandioses Comeback: Peter Zadeks Inszenierung von Luigi Pirandellos „Nackt“. Der Spiegel

“Der alte Löwe hat seine Pranke noch. Aber er setzt sie eher sanft ein.“ Nürnberger Nachrichten:

„Zadeks altes, lässiges Lusttheater lächelt.“ FAZ

„Drei Tage war der Zadek krank, jetzt inszeniert er wieder, Gott sei Dank“. Deutschlandradio Kultur