CARMEN, KOMM BALD WIEDER!
Wer ist wer im Kiez-Lokal „Zum Guten Ankergrund“?
Anneke Schwabe ist diese Carmen: für die Hafenratten, deren Star sie ist, und für die zahllosen Verehrer, die sie anbeten. Eigentlich heißt sie aber Jenny Hummel und kommt aus Bramfeld. Echte Liebe ist selten – aber gerade die sucht sie ununterbrochern: erst bei Hansen, dann bei einem gewissen Klaus Brandt, schließlich beim reichen (und finstren) Reeder Fritz Rasmussen. Glück hat sie nie – aber sie stirbt nicht daran.
Holger Dexne spielt die sympathischste, leider aber auch extrem überforderte Figur: eben Klaus Brandt, den guten Menschen von St. Pauli, eine Art kämpferischer Simplicisimus. Als Oberbootsmaat will er ehrlich arbeiten, scheitert aber an Hansen und Rasmussen und schließt sich den Hafenratten an, um den Bossen das Handwerk zu legen. Gerade ihn mögen alle Frauen – weil er so rücksichtslos ehrlich ist; aber leider nicht weiß, wie Liebe funktioniert. Glück ist für ihn darum mit keiner zu haben.
Victoria Fleer beginnt sehr verliebt: als Verlobte Maria an der Seite von Klaus Brandt … und sie endet als selbstbewusste Hure auf dem Strich: weil sie immer geglaubt hat an „ihren Klaus“, der so verführbar ist. Sie ist Offizierin bei der Heilsarmee und kämpft um Klaus sogar beim wilden Radrennen in der Kneipe; danach aber will nur noch der gruselige Rasmussen sie haben. Schließlich entscheidet sie dessen Schicksal.
Glenn Goltz (hier rechts im Bild) und Robert Höller spielen im Wechsel Mutter Brandt – aber auch den scharfen Otto, den Gröbsten im Verein der Hafenratten. Sie haben obendrein aber das große Glück, Tango tanzen zu dürfen mit Frau Elsa, der rätselhaften Gattin von Fritz Rasmussen.
Götz Otto (links) war schon mal der Super-Böse in einem James-Bond-Film. Als Fritz Rasmussen verfällt er in mörderischen Wahn und sieht sich im Finale als Torero, der viele Stiere töten will: erst Carmen, dann die eigene Frau Elsa und schließlich Klaus Brandt. Ausgerechnet der Wirt Pastia und schließlich Maria vermasseln ihm den Plan. Dekorativ stirbt er – aber in dieser Oper nicht wirklich.
Nadja Petri trägt als Frau Elsa sehr gern sehr gewagte Kleider (die Barbara Aigner entworfen hat, zusammen mit Johanna Winkler); Frau Elsa gehörte einst selbst zum ältesten Gewerbe, hat aber heraus geheiratet und folgt nun dem gefährlichen Pfeffersack Rasmussen. Sie weiß genau, was er treibt, sie will sich sogar rächen – und setzt dabei auf den kreuzbraven Brandt, der aber leider Carmen liebt. Verzweifeltster Seufzer von Frau Elsa: „Alle lieben Carmen!“
Patrick Heyn spielt Hansen, den korrupten Hafenmeister – und ihm geht Stift kurz vor Schluss an den Kragen. Hansen ist hoffnungslos in Carmen verliebt, will mit ihr nach Südamerika auswandern; und verfällt in szenischen Starrkrampf, als er sie verloren weiß. Außerdem trinkt Hansen entschieden zu viel.
Stephan Schad ist Pastia, der Boss nicht nur für die kleinkriminellen Hafenratten, sondern auch der Wirt im Lokal „Zum Guten Ankergrund“. Die Speisekarte hat er immer im Kopf: vom Labskaus über Räucheraal bis hin zu Schnaps, Bier und Champagner. Radrennen mit hübschen Frauen gehören zu den Haupt-Attraktionen in der Kiez-Kneipe – und Carmen muss natürlich immer gewinnen.
Anna Winter feiert eigentlich jeden Abend von neuem Premiere – denn Die Carmen von St. Pauli ist das erste Engagement für die Tänzerin und Sängerin (hier im weißen Kostüm in der Mitte); die Ausbildung an der Norddeutschen Musical Akademie hat sie gerade beendet. Und hoffentlich stehen ihr von nun an alle Türen offen …
Arvid Johansson ist Schwede – und nicht nur der unübersehbar Größte im „Carmen“-Ensemble (hier im roten Kostüm in der Mitte), sondern dank großer Erfahrung als Musical- und Show-Tänzer- der „dance captain“, also quasi der ensemble-interne Vertreter des „Carmen“-Choreographen Harald Kratochwil. Als Text im Stück hat Arvids Figur die Hafenratte Stift, eigentlich immer nur ein Wort: „Stimmt!“ Aber sobald er mehr sagt, wird’s gefährlich …
Fabian Broermann (hier rechts im Bild) ist die Hafenratte namens Fuchs, gehört aber auch zu allen anderen Tanz-Ensembles: etwa als Hafenarbeiter, als SA-Marschierer und als Zylinderherr, der Carmen gern das Kokain von den Brüsten schnupfen würde … wild geht’s zu im Lokal „Zum Guten Ankergrund“!
Felicia Jackson (links im Bild) übernimmt im Tanz-Ensemble viele Rollen – und radelt mit im großen Rennen nach der Pause: als Rasende Rita … und vor der hat sogar Pastia Angst, der Wirt im Lokal „Zum Guten Ankergrund“.
Maya May Sian Oei radelt direkt neben Carmen im großen Kneipenrennen nach der Pause: als Wilma, der Wirbelwind, das holländische Wunder-Meisje. Tatsächlich praktiziert die Tänzerin im wirklichen Leben auch als Ärztin: für Haut und Herz. Wie gut, sie zu kennen …
René Becker (links im Bild) gehört zum Tanz-Ensemble und macht gleich in den ersten großen Choreographien großartige Figur – als Sirene zu Carmens großem Auftrittslied und als extrem bunter Vogel im Kiez-Bild gleich danach.
Alle Fotos vom Ensemble: Kerstin Schomburg.
Uwe Granitza leitet das TheaterOrchesterHamburg – ein sehr spezielles Ensemble. Zum einen bringen alle Musikerinnen und Musiker enorm viel Erfahrung mit; einige spielen seit gefühlten Ewigkeiten auf Hamburger Musical-Bühnen, aber auch bei nationalen wie internationalen Top- und Pop-Acts, von Achim Reichel und Udo Lindenberg bis zu Phil Collins oder den Pet Shop Boys. Viele haben eigene Bands, sind aber auch im Hamburger Schmuckkästchen des Varietés zu Hause: im Hansa-Theatersaal. Zum anderen können hier immer alle alles: Oper, Jazz, Chanson … und den richtigen Tingeltangel-Sound für die Reeperbahn haben sie natürlich auch drauf – als verlässliches Kollektiv gleichberechtigter Geister: Band at its Best.
Foto: Kerstin Lünser