Wir trauern um den Dramaturgen und langjährigen Freund Franz Peschke.

(1947-2024)

Im September wäre er 77 Jahre alt geworden: der Theater-Impresario und Dramaturg, Erfinder und Ermöglicher Franz Peschke. Jetzt ist er ganz überraschend am 16.5.2024 in Weimar gestorben.

Noch in der Kammerspiele-Zeit war er auf unsere Arbeit aufmerksam geworden und mit dem Brecht-Abend „Von Augsburg nach Bilbao“ mit Ulrich Tukur lud er zum ersten Mal eine Produktion von uns ein auf den Hügel der Ruhrfestspiele in Recklinghausen. Das war der Beginn einer jahrzehntelangen Zusammenarbeit, deren Ergebnisse auch einige spektakuläre Co-Produktionen waren, die wir uns ohne die Ruhrfestspiele als Co-Produzent gar nicht hätten leisten können, wie z.B. die Zadek-Inszenierung von „bash“ mit Judith Engel, Ben Becker und Uwe Bohm.

Nach unserem Wechsel zum St. Pauli Theater und zu Thomas Collien und dem gleichzeitigen Intendantenwechsel in Recklinghausen von Hans-Günter Heyme zu Frank Hoffmann war er es, der ganz stark auf eine Fortsetzung unserer gemeinsamen Arbeit drängte.

Und mit unserer „Dreigroschenoper“ waren wir dann auch gleich wieder im Festspielhaus. Hannelore Hoger mit “Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ folgte bald hinterher. „Cabaret“ (mit Gustav Peter Wöhler), die Zadek-Produktionen „Der bittere Honig“ mit Eva Mattes und Julia Jentzsch und Pirandellos „Nackt“, „Das letzte Band“ mit Otto Sander, „Siegertypen“ mit Uwe Bohm, Stefanie Stappenbeck und Ronald Zehrfeld, „Endstation Sehnsucht“ mit Ben Becker und Johanna Christine Gehlen, „Gott des Gemetzels“ mit Herbert Knaup und Barbara Auer, “Arsen und Spitzenhäubchen“ wieder mit Eva Mattes und Angela Winkler waren viele weitere erfolgreiche gemeinsame Arbeiten, die, wie im letzten Fall, die Premiere in Recklinghausen hatten, bevor sie nach Hamburg kamen. Und „Anatevka“ mit Gustav Peter Wöhler, „Tod eines Handlungsreisenden“ mit Burghart Klaußner und „Der Vater“ mit Volker Lechtenbrink sollten folgen. Und es kam nicht selten vor, dass das Publikum in Recklinghausen noch begeisterter war als das in Hamburg.

Manchmal entstanden auch wunderschöne Projekte durch seine Sturheit und seine unendliche Vernetzung in der Theaterszene. Es gab eigentlich kaum eine Größe, die er nicht persönlich kannte und deren Telefon-Nummer er nicht in seinem Notizbuch und später seinem Handy hatte.  Er war es, der immer davon träumte den grandiosen argentinischen Theatermagier Jerome Savary noch einmal nach Deutschland zu bringen und so entstand „Happy End“ mit Peter Lohmeyer, Anneke Schwabe, Peter Franke und Angela Winkler. Und er war es, der Barbara Nüsse und ihren Regisseur überredete „Penelope“ nochmal auf die Bühne zu bringen, in einer übermalten Version.

Aber es waren nicht nur die Abende auf der großen Bühne. Wenn er von jemand überzeugt war, unterstützte er dessen oder deren Arbeit mit Vehemenz. So entstanden im kleinen Haus die Dania Hohmann-Produktionen „Gilgi“, die von ihm initiierte Bühnenversion von „Bonjour Tristesse“ und zuletzt „Sehnsuchtsmädchen“ wieder mit Anneke Schwabe im Festspiel-Zelt.

Durch Franz Peschke und seinen Intendanten Frank Hoffmann ist das alte Band, die Gründungsnabelschnur zwischen Hamburg und Recklinghausen, also „Kunst gegen Kohle“ für uns nochmal auf eine ganz persönliche Art erfahrbar geworden. Er hat so vielen unserer Produktionen eine zweite, national beachtete Bühne gebaut. Dafür möchten wir ihm danken.

In den letzten Jahren war es ruhiger geworden. Auf den Spuren Goethes und Schillers war er nach Weimar gekommen und hatte am Ende seines Lebens nochmal begonnen zu schreiben. Es sollte ein Stück werden. Das konnte er nicht mehr vollenden.

Wir werden seine manchmal auch chaotischen Sprünge, die vielen durchtrunkenen Nächte bei unserem gemeinsamen Lieblings-Italiener Carmello, die doch unvorhersehbar wechselnden Lebensgefährtinnen, sein unbestechliches Auge und seine Loyalität vermissen.

Tschüss Franz

Ulrich Waller